Ortsportrait Ammerbuch-Reusten
Reusten ist der zweitkleinste Ammerbucher Gemeindeteil und liegt zwischen Poltringen und Altingen am Zusammenfluss von Ammer und Kochhardt. In Reusten fallen einem gleich die ockergelben Kalksteinwände auf: Auf der einen Seite ist das der Kirchberg mit Sportgelände, Kindergarten und Friedhof, auf der anderen Seite der Wolfsberg mit Schule, Turnhalle und Wohnbebauung. Unten im Ammertal finden sich Handwerksbetriebe, die weithin bekannte Metzgerei und der Bioladen, dazu die Wohnhäuser und das Rathaus. Die Kelterkirche bietet mit Zehntscheuer und Backhäusle einen Dorfmittelpunkt, ebenso wie die Sommergasse beim Rathaus, wenn hier das Reustener Straßenfest stattfindet. Die Mitglieder vieler Vereine und Gemeinschaften sorgen für Abwechslung im Dorfleben und im Veranstaltungskalender. Eine Besonderheit in Reusten ist der Friedhof oben auf dem Kirchberg. Auch wenn der Weg hoch auf den Friedhof mitunter beschwerlich ist, besonders für die Älteren, so entschädigt ein ganz anderer Gedanke: "Wenn ein Reustener stirbt, kommt er garantiert nach oben und nicht nach unten", so formuliert es treffend der hiesige Metzgermeister Egeler.
Infrastruktur und Stichworte zu Reusten
- Backhaus
- Bauhof der Gemeinde
- Bioladen
- Busverkehr
- Dienstleister
- Feuerwehr
- Feste und Veranstaltungen
- Friedhof
- Gastronomiebetrieb
- Gewässer: Ammer
- Handwerksbetriebe
- Jugendtreff
- Kindergarten
- Kirchengemeinde
- Metzgerei
- Problemstoffsammelstelle
- Rathaus (geschlossen)
- Schnelles Internet (größtenteils)
- Spielplatz
- Sportplatz
- Straßen: Landstraße L359, Kreisstraßen K6919 und K6938
- Turnhalle
- Vereine
- Zehntscheuer
Geschichtliches & Historisches
Für die erste urkundliche Erwähnung von Reusten gibt es kein genaues Datum, nur den Hinweis in der Reichenbacher Schenkung (siehe weiter unten), die zwischen 1138 und 1152 entstand.
In der Jesinger Straße liegt das 1822 erbaute Pfarrhaus und ein Stück weiter, an der Abzweigung nach Rottenburg, treffen wir mitten im Flecken auf die 1760 umgewandelte "Kelterkirche". Dies war ursprünglich eine Kelter. 1575 wurde diese Kelter vom Kloster Bebenhausen erbaut, dem Reusten von 1293 bis zur Auflösung des Klosteramtes 1808 gehörte.
Ganz in der Nähe steht das 1855 erbaute Backhaus, das immer noch in Betrieb ist. Auch das 1793 erbaute Rathaus befindet sich ganz in der Nähe an der Einmündung zur Sommergasse. Eine Wintergasse, die ihrem Namen alle Ehre macht, liegt im Schatten des Kirchberges.
Bis in die 1960er Jahre wurde in Reusten in verschiedenen Steinbrüchen Kalkstein gebrochen. Der Abbau war durch die Aufwölbung des "Reustener Sattels" hier besonders ergiebig.
Als das Siedlungsgebiet im Tal zu eng wurde, entstanden nach dem Krieg die "Wolfsbergsiedlung" auf dem Berg und ein weiteres Wohngebiet, die "Breite", rechts an der Straße nach Altingen. Zu erreichen ist die Wolfsbergsiedlung vor allem über die 1991 neu ausgebaute Schulsteige. Dafür musste das 1792 erbaute alte Schulgebäude weichen.
Reusten wurde wohl von den Alemannen etwa im 6. Jahrhundert gegründet. Der Name lässt sich wahrscheinlich von dem alemannischen Vornamen: "Rusto" ableiten. Bei Grabungen wurden auf dem Kirchberg jungsteinzeitliche Siedlungen entdeckt. Die ältesten Funde lassen sich bis ungefähr 4500 v. Chr. zurückdatieren. Reste einer mittelalterlichen Burg geben bis heute Rätsel auf. Auf dem Kirchberg wurde von Bebenhauser Mönchen um 1300 die Heiligkreuzkirche erbaut, die bis 1759 dort oben stand.
Erwähnt werden sollte noch die alte Römerstaße, die nördlich der Wolfsbergsiedlung verlief und die später "Königsstraße" genannt wurde. An ihr befand sich im Mittelalter ein alter germanischer Gerichtsplatz. Eine Schenkung, zur Zeit Kaiser Lothars, die auf diesem Gerichtsplatz besiegelt wurde, war Anlass für die erste urkundliche Erwähnung von "Rusten" im Schenkungsbuch des Klosters Reichenbach; niedergeschrieben zwischen 1138 und 1152.
Die Reichenbacher Schenkung: Die erste urkundliche Erwähnung von Reusten
Für jeden Ort ist die erste urkundliche Erwähnung ein wichtiges Datum, an dem sich die Jahresfeiern orientieren. Dabei ist dieses Datum oft einem Zufall zu verdanken. Für Reusten gibt es dazu in verschiedenen Quellen verschiedene Angaben. Auf dem alten germanischen Gerichtsplatz nördlich der Wolfsbergsiedlung soll im 12. Jahrhundert die Schenkung eines Adeligen an das Kloster Reichenbach Anlass für die erste urkundliche Erwähnung "Rustens" gewesen sein. Diese "Reichenbacher Schenkung" ist im Schenkungsbuch des Klosters, dem "Codex Traditionum monasterii Reichenbachensis", der zwischen 1138 und 1152 entstand, handschriftlich in lateinischer Sprache festgehalten worden - allerdings erst Jahre nach der Schenkung. Es gibt also kein genaues Datum. 1858 wurde der Text in gedruckter Form in das "Wirtembergische Urkundenbuch" aufgenommen.
Unter anderem in der Universitätsbibliothek Tübingen ist darüber nachzulesen:
Ein gewisser Adliger mit Namen Guntram hat vom Feuer göttlicher Liebe entflammt, dem heiligen Gregor (die Klosterkirche von Reichenbach war dem heiligen Gregor geweiht) seinen Grundbesitz übergeben, den er in Hausen und Neckarhausen und in den benachbarten Orten besaß. Er gab ihn für das Heil seiner Seele, das seines Vaters, seiner Mutter und aller seiner Vorfahren, besonders auch für seinen Ahnherrn Gebhard. Er gab mit vollem Recht, mit ganzer Hingabe und voller Absicht und ohne jeden Widerspruch.
Diese Übergabe hat in der Zeit des Kaisers Lothar (Regierungszeit 1133-1137) stattgefunden, zuerst auf einem Feld in der Nähe von Rusten; anwesend bei dieser Versammlung waren Hugo (Graf von Tübingen, ab 1146 Pfalzgraf), sein Sohn Heinrich und mehrere andere. Nachher wurde sie auch im Kloster des heiligen Gregor durchgeführt, am 7. Oktober um 3 Uhr, mit dem Sohn seiner Schwester, offenbar Adelbert, seinem Rechtsbeistand, vor geeigneten Zeugen, nämlich Rudolfo von Sigmaringen; Erenfrido von Ritenhaldun; Otto von Raggesingen; Wieland, Burcardo von Altheim; Marevardo, Berhtoldo, Hiltegero, Adelhardo von Sallesteten; Odalrico von Waldaha. Festgelegt wurde damals auch durch Übereinstimmung der ganzen Versammlung, dass jedes Jahr dieser Guntram pflichtgemäß mit den Verstorbenen gefeiert wird und bei der beschwerlichen Bewirtschaftung seiner Güter wird die Verehrung der (Kloster)brüder für diesen allgegenwärtig sein. Aber mit ihm soll zugleich auch die Erinnerung an seinen Vater und seine Mutter begangen werden.
Erstmals schriftlich sicher datierbar ist die Nennung von Reusten (laut Mitteilung aus dem Staatsarchiv) in einer Urkunde von 1288.
Das Wappen von Reusten
Das 1954 angenommene Gemeindewappen zeigt in Gold einen roten Schräglinksbalken, darüber eine Königskrone, die unten von einem grünen Lindenzweig begleitet ist. Der Balken und die Krone sollen an des Königs Straße erinnern, die, wie bereits erwähnt, einst durch die Gemarkung verlief. Der Lindenzweig weist auf die Gerichtsstätte hin (Gerichtslinde). Die Farben Rot und Gold sind dem Wappen der Tübinger Pfalzgrafen entnommen.
Das Wappen war 17 Jahre lang bis zur Gründung von Ammerbuch im Jahr 1971 gültig.
Reusten im 2. Weltkrieg: Steinbruch und Reparaturhalle
Steinbruch Reusten
Unmittelbar hinter dem Ortsausgang von Reusten in Richtung Poltringen steht links eine Lore vor dem alten Steinbruch. Für den Ausbau des Flugplatzes Hailfingen wurden in den Wintermonaten 1944 / 1945 KZ-Häftlinge eingesetzt. 15 bis 20 von ihnen mussten im Steinbruch Reusten täglich Steine brechen und mit Kipploren zum Schotterwerk bringen, das in unmittelbarer Nähe des Sees stand.
Reparaturhalle bei Reusten
Obwohl die Überreste vielfach beseitigt wurden, sind noch die Pfeiler der Flugzeugreparaturhalle zu sehen.
KZ-Gedenkstätte Hailfingen-Tailfingen
Die KZ-Gedenkstätte Hailfingen-Tailfingen ist ein gemeinsames Projekt zweier Gemeinden und Landkreise: Dem Rottenburger Stadtteil Hailfingen im Landkreis Tübingen und dem Gäufeldener Ortsteil Tailfingen im Landkreis Böblingen.